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Predigt am 17. Januar 2021
Predigt am 17. Januar 2021
# Impulse
Predigt am 17. Januar 2021
Predigt am 2. Sonntag nach Epiphanias
Johannes 2 - Die Hochzeit zu Kana
Liebe Gemeinde
Heute geht es um die Fülle – um reichliche, überfließende Fülle. Diese Fülle erlebt eine Hochzeitsgesellschaft in Kana. Das Bild aus der Kirche in Ries stellt diese Erzählung dar.
Vielen ist diese Geschichte aus Johannes 2 bekannt und sie ist im Grunde auch schnell erzählt:„Maria, die Mutter von Jesus, Jesus und seine Jünger sind zu einer Hochzeit eingeladen. Während des Festes geht der Wein aus – das ist gelinde gesagt eine Katastrophe.Jesus verwandelt darauf hin Wasser aus großen Krügen in Wein und die Hochzeit ist gerettet.
Soweit, so schön.
Doch so erfreulich dieses Weinwunder für die Hochzeitsgesellschaft gewesen sein wird, stellen sich doch die Frage, wie dieses Wunder einzuordnen ist und was uns Johannes, der als einziger der vier Evangelisten darüber berichtet, damit sagen will – und heute sagt.
Ich wähle dafür drei verschiedene Blickwinkel, aus denen ich das Geschehen betrachte
Der erste Blick gilt dem Brautpaar und ihrer Hochzeit
- bei einer Hochzeit kommen nicht nur zwei Menschen zusammen, sondern auch zwei Familien, manchmal sogar zwei Dörfer
- es muss also eine Menge geplant werden und offensichtlich hat das Brautpaar es an nichts fehlen lassen
- an was alles gedacht werden muss, davon höre ich bei meinen Trau-gesprächen viel; der Aufwand ist enorm, die Mühe, die sich alle Paare geben ist riesig
- umso schlimmer, wenn, wie im vergangenen Jahr, lange und gut geplante Hochzeiten abgesagt werden müssen
- ODER wenn bei der Hochzeit selbst etwas schief geht
– ich stand schon einmal vor einer verschlossenen Kirche, der Fotograf kam nicht, die Braut mit Verspätung, das Essen war nicht gut…
- das bleibt im Gedächtnis haften, heute wie damals – bitter
- was Jesus tut, ist deshalb mehr, als nur für Wein zu sorgen; er wendet ein Unglück ab, welches das Fest und damit die Liebe des Brautpaares für immer überschatten würde.
Der zweite Blick gilt Maria
-man mag sich fragen, warum Maria überhaupt eingeladen ist, aber Kana und Nazareth liegen nur etwa 25 km Luftlinie auseinander, vielleicht gab es tatsächlich Verbindungen nach dort
- Maria ist eine fürsorgliche Frau und merkt sofort, welches Unheil droht
- das Brautpaar und seine Liebe ist das Wichtigste, die gilt es zu feiern
– da ist fehlender Wein keine Nebensache
- und es scheint auch, als wüsste Maria um den besonderen Auftrag, zumindest um die einzigartigen Kräfte, über die ihr Sohn Jesus verfügt
- es wundert mich deshalb nicht, dass sie Jesus um Hilfe bittet
- und sie macht das sehr diplomatisch; ich sehe sie vor mir, wie sie Jesus hinter vorgehaltener Hand zuflüstert: „Sie haben keinen Wein mehr!“
- und bekommt von Jesus eine ordentliche Abfuhr:
„Was geht´s dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen!“
- Jesus nennt Maria „Frau“, nicht einmal Mutter –
- ich weiß nicht, wie es euch, den Müttern und Vätern geht, wenn eure erwachsenen Kinder in solch einem Ton mit euch reden?!
- doch Maria scheint sich nicht über die Antwort zu ärgern; oder sie schluckt den Ärger runter, weil sie vor allem will, dass den Brautleuten aus der Patsche geholfen wird
- und mit dem Hinweis an die Diener: „Was er euch sagt, das tut!“ erreicht sie ja auch, dass Jesus hilft
Jesus – werfen wir einen Blick auf ihn
- schon die Einladung von Maria erscheint ungewöhnlich und das gilt umso mehr für Jesus und die Jünger
- einige Tage zuvor wurde er von Johannes am Jordan getauft und hat am See Genezareth in Betsaida die Jünger berufen
- und dann geht er sozusagen auf direktem Weg nach Kana? Merkwürdig
- und warum ärgert Jesus sich so über Marias Hinweis mit dem Wein?
- und was meint er mit „Meine Stunde ist noch nicht gekommen?“
- welche Stunde? – eine eigenartige Antwort
- vielleicht war es Jesus aber auch unangenehm, dass er seine Macht, als allererstes bei einer Hochzeit durch ein Weinwunder beweisen soll
- der Vorwurf, ein Fresser und Weinsäufer zu sein wird ihn noch früh genug ereilen
- und doch entschließt Jesus sich, zu helfen
- allerdings achtet er darauf, dass sein Wunder keine Zurschaustellung wird
- in aller Heimlichkeit gibt er seine Anweisungen, hebt dafür kaum die Hand
- gut gemacht, oder doch etwas zu gut gemeint?
Immerhin sprechen wir von 6 Krügen a 80l, also umgerechnet etwa 500 l Wein?!
- das ist mal ein Zeichen für die Liebe
- später wird das Brautpaar es erzählt bekommen und Gott – da bin ich sicher- für dieses unvergessliche Zeichen bis zum Ende ihrer Tage gelobt haben
Soweit ein erster Blick
Die Hochzeitsgesellschaft hatte allen Grund zur Freude – ihre Lieder haben etwas anders geklungen, aber nehmen wir mit unserem nächsten Lied auf unsere Weise
diese Freude auf und singen Jesus und Gott zum Lob:
(Im Gottesdienst wurde jetzt Lied 66 gesungen)
Ende gut – alles gut ... könnte man sagen
Hätte Johannes uns nicht ein paar Brotkrumen auf den Weg gelegt, die auf neue Fährten führen. Und so lohnt es sich, noch einmal etwas genauer hinzuschauen.
Johannes schreibt sein Evangelium nicht nur 30 – 50, sondern eher 70 Jahre nach Jesu Tod auf und er hat dabei eine glaubende Gemeinde vor Augen, die die Chronologie des Lebens Jesu und das Meiste, das von ihm erzählt wird und aufgeschrieben wurde kennt
Deshalb geht Johannes einen anderen Weg und erzählt verwoben, mit Symbolik, Zeichen, Anspielungen, Hinweisen und Doppeldeutigkeiten. Je genauer man hinschaut, umso mehr neue Verbindungen gibt es zu entdecken, die schließlich auf das große Ganze weisen.
An dieser Stelle nur ein paar kleine Anregungen:
- auf den ersten Blick scheint es um die Hochzeit zu gehen, aber wo ist eigentlich das Brautpaar?
- die Braut taucht gar nicht auf und der Bräutigam wird zum verwunderten Statisten degradiert
- geht es Johannes wohlmöglich um ein ganz anderes symbolisches Brautpaar bei dem Jesus, der Bräutigam ist?
- und dann die Wasserkrüge
- sechs große Wasserkrüge für die rituelle Reinigung, jeder fasst etwa 8o l
- warum lässt Jesus alle Krüge füllen? Hätten drei nicht genügt, immerhin wären das auch fast 250 l Wein
- Johannes will andeuten, dass es Jesus um ein anderes Zeichen geht
- die Krüge für die Reinigung stehen dafür, dass das Gesetz des Mose erfüllt wird
- nun werden sie zu übervollen Krügen der Gnade Gottes, für die Jesus steht
- statt Gesetz – Gnade –
- mit Jesus bricht eine neue Zeit an und diese messianische Zeit kommt mit einer Wucht, die keiner erwartet hat
- es geht nicht darum, alle betrunken zu machen, sondern ein Zeichen zu setzen
- aus dieser Gnade wird geschöpft und aus dieser Fülle empfangen alle, die den Christus in sich aufnehmen
- später wird Jesus genau diese Verwandlung noch einmal steigern, wenn der Wein beim Abendmahl zu Zeichen seines Blutes wird
- aus Gesetzt wird Gnade
- und das letzte große Wunder, dessen unermessliche Fülle sich schon in Kana andeutet, wird das der Auferstehung an Ostern werden
- und die Verbindung zu Ostern findet sich schon in dem ersten Satz angedeutet:
Jesus kommt am dritten Tag zum Hochzeitsfest
- das sind nur einige wenige Punkte, das Johannesevangelium ist durchzogen von solchen Verbindungen, Anspielungen, Zeichen
Was halte ich von alldem für mich fest?
Heute vor allem diesen einen Gedanken: Thema der Geschichte von der Hochzeit ist die Fülle. Aber davon merkt das Brautpaar gar nichts, der Bräutigam ist irritiert über den guten Wein, aber dass dieser Wein durch ein Wunder in die Krüge gelangt, weiß er zunächst nicht. Jeus schenkt von der großen Fülle aus – Wein, Gnade – damit das Fest der Liebe nicht aufhört, aber er tut das im Verborgenen, macht daraus keine Zaubershow
Gott ist gegenwärtig und am Werk – schenkt große Fülle – ohne Aufhebens und ohne Dank zu erwarten.
Johannes schärft meinen Blick auf die Fülle und lenkt ihn darauf, bei mir genauer hinzusehen: Halte ich, was ich an Fülle, an Freundlichkeit, an Liebe, an Geschenken bekomme für zu selbstverständlich? Weil ich dafür bezahlt habe, weil ich es verdient oder so vereinbart habe? Klage ich über das, was nicht gelingt, worauf ich verzichten muss, was ich entbehre und verliere dabei den Blick für das, was ich ganz unverdient habe? Was, wenn ich gar nicht merke, wo ich einer Katastrophe knapp entgangen bin, wo Gott am Werk war und mich bewahrt hat?
Die Fülle ist nicht selbstverständlich, das eine und alle anderen Wunder Jesu sind einzigartige Geschenke Gottes.
Er war gegenwärtig und am Werk. Gott wirkt in meinem Leben – und je tiefer die glaubende Verbundenheit zu ihm ist, umso öfter werde ich das entdecken – so war es bei den Jüngern damals und so ist es heute – so sagt es mir Johannes.
Aus dieser Fülle will ich heute leben.
AMEN
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