02/07/2024 0 Kommentare
Pfarrer Markus Söffge - Predigt am 11. Juli 2021
Pfarrer Markus Söffge - Predigt am 11. Juli 2021
# Impulse

Pfarrer Markus Söffge - Predigt am 11. Juli 2021
6. Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 28,16-20
Liebe Gemeinde,
„Auch du, mein Sohn“ – Julius Caesar
„Der muss anhalten. Er wird uns sehen“ – James Dean
„All meinen Besitz gegen einen einzigen Moment mehr Zeit“ – Elisabeth I.
„Mehr Licht“ (verkürzt) – Goethe
- viele von ihnen werden sie kennen, diese berühmten letzten Worte von Julius Cäsar, James Dean, Elisabeth I und Goethe
Auch von Jesus sind sie überliefert, sieben Worte vom Kreuz: „Es ist vollbracht!“– sind Jesu letzten Worte vor seinem Tod aus dem Johannesevangelium. Aber es waren nicht Jesu letzte Worte - - bei allen anderen ist es so, bei Jesus hat nicht der Tod das letzte Wort, sondern das Leben.
Ich lese den Predigttext für den heutigen Sonntag aus Matthäus 28
„Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten. Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was sich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“
Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern der Auferstandene. Und durch ihn alle die, die noch kommen.
Und das, obwohl die Elf, die da oben auf dem Berg sind, nicht unbedingt strahlende Nachfolger waren; sie sind alle geflohen, als es drauf an kam, einer hat Jesus verraten, ein anderer ihn verleugnet - selbst jetzt zweifeln noch einige. Gut, dass dieser Zweifel bei Matthäus nicht im strahlenden Glanz weggewischt und im Text gestrichen wurde – das macht die Jünger und uns alle, als die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu glaubhaft; nur mit unseren Zweifeln bleiben wir nah an denen, zu denen wir gesandt sind.
Jesus spricht also noch einmal letzte Worte – und natürlich haben diese Worte, wie alle bewusst gesprochenen Abschiedsworte, besonderes Gewicht.
Vollmacht – Auftrag – Trost – das sind für mich die Überschriften der letzten Worte Jesu bei Matthäus.
Vollmacht
Was schon vorher galt, das gilt jetzt umso mehr: Alle Macht liegt bei ihm, dem Gottessohn – immer und überall. Und diese Macht ist Ermächtigung. Jesus gibt einen Teil seiner Vollmacht in andere Hände, in andere Menschen; sein Wort soll in die Tat umgesetzt werden: „Macht zu Jüngern alle Völker!“
Das ist der Auftrag
Ob Jesus geahnt hat, dass diese Reihenfolge sich in der Umsetzung später als durchaus problematisch erweisen wird – erst taufen – dann fragen, so geschehen gehört es zu den dunklen Kapiteln der Geschichte des Christentums, der Missionierung in alle Welt; wie oft geschah das unter Zwang; wie oft kam es vor allem auf die Zahlen an. Das hat sich im Laufe der Jahrhunderte geändert, aber mit Blick auf die Zukunft und die demographische Entwicklung, die uns vorrechnet, dass sich die Mitgliedszahlen unserer Kirchen in Deutschland bis 2060 halbiert haben werden, scheint die Taufe in den Augen mancher Kirchen-oberen als verzweifelter Apell, das Ruder noch einmal rumzureißen, wenn gesagt wird: „Wir müssen uns wieder auf die Taufe besinnen als einem wesentlichen kirchenpolitischen Faktor, mit dem wir selbst Einfluss nehmen können, wie unsere Zukunft aussehen wird.“
Taufe als kirchen-politischer Faktor – das hatten wir schon, das wird nicht gut gehen. Wäre es also nicht besser, es anders herum zu machen und sich an die Worte aus dem Markusevangelium zu halten, wo Jesus sagt: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden!“ - erst fragen und glauben – dann taufen. Das jedenfalls entspricht mehr unserem emanzipatorischen Verständnis, wie wir Menschen für das Christentum gewinnen. Ich habe in den vergangenen Wochen vor der Konfirmation einige Jugendliche getauft; sie fanden es alle sehr gut, dass sie gefragt wurden, dass es IHRE Entscheidung war, dass IHRE Überzeugung wichtig war. Für die Jugendlichen war damit eine große Wertschätzung verbunden und die Taufe wurde zu einem ganz bewussten Bekenntnisakt. Zu wissen, was wir glauben und selbst Antwort zu geben, sich zu entscheiden - das ist und bleibt ganz wesentlich. Trotzdem halte ich an der Reihenfolge vom Mt-Ev fest. Zum einen, weil die Forderung, Wissen und Bekenntnis zur Voraussetzung zu machen, viele Menschen von der Taufe ausschließt, die dieses „Ja“ selbst gar nicht sprechen können oder aus ihren Zweifeln heraus sich nicht zu sprechen trauen; aber noch mehr, weil die Betonung von Wissen, von persönlicher Überzeugung und eigenem Bekenntnis, unsere menschliches „Ja“ zu groß und Gottes „Ja“ zu klein macht. Denn mit IHM fängt es an, nicht mit uns.
Gott ist es, der zuerst sein großes „Ja“ zu jeder und jedem Menschen spricht; ohne Forderung, ohne Bedingung, vorbehaltlos; wir müssen nichts leisten, wir müssen nichts können und werden von Gott angenommen. Bei Matthäus wird die Taufe für mich zur Liebeserklärung Gottes. Als ich vor 57 Jahren geboren wurde, war ich mehr, als 2 Monate zu früh dran und ich hatte außerdem noch einen Zwillingsbruder. Ich bin im protestantischen Flensburg zur Welt gekommen, aber da meine Eltern katholisch waren, kamen mein Bruder und ich im katholischen Krankenhaus zur Welt. Als Frühgeburten mit nur jeweils einigen hundert Gramm Gewicht war nicht sicher, ob wir überleben würden. Also sind wir kurzerhand von einer Ordensschwester aus dem Krankenhaus not-getauft worden. - Wie mag das damals für diese Ordensschwester gewesen sein?
Rein objektiv betrachtet war die Taufe an uns, den winzigen Frühgeburten doch vergeblich. Mehr noch, musste man nicht im Angesicht dieser winzigen Babys eher an der Liebe Gottes verzweifeln? Denn uns zu taufen war auf jeden Fall viel eher eine Taufe in den Tod, als ins Leben. Und so kam es dann auch für meinen Bruder, der wenige Tage später gestorben ist. Aber ich habe überlebt.
Getauft zu sein, das bedeutet für mich deshalb vor allem: Zu Gott zu gehören. Schlicht und doch ergreifend.
Zu Gott zu gehören im Leben, wie gefährdet und erfüllt es sein mag und zu Gott zu gehören im Sterben, wie kurz oder lang der Weg des Lebens ist. Ich bin niemals aus Gottes Hand genommen, er hält mich, trägt mich, lässt mich leben und nimmt mich im Tod bei sich auf. Diese Vergewisserung mit auf den Lebensweg zu geben, die Zusage der Liebe, durch Menschen und Gott, ist das, was alle Eltern sich wünschen, egal ob im Glauben verwurzelt oder kirchenfern. Selbstverständlich muss dann aus der Taufe etwas folgen, soll Gottes Geist in meinem Leben, im Glauben, in der Kirche Widerhall finden, festgemacht werden. Oben auf dem Berg stehen die Jünger und werden aufgefordert, sich auf den Weg zu machen - auf den Spuren der Bergpredigt in die Welt sind sie Wegbereiter geworden und nach ihnen sind andere gekommen bis heute. Wir sind zu Nachfolgerinnen und Nachfolgern Jesu berufen – im zweiten Schritt, der nicht ausgelassen werden darf, sonst ist der Weg zu schnell zu Ende. Doch viel wichtiger finde ich, dass die Taufe mit dem „Ja“ Gottes verbunden ist - und dann, spätestens wenn Matthäi am letzten für uns ist, gilt es noch einmal diesen Trost Jesu festzuhalten und weiter zu sagen:
„Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende!“
AMEN
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